Tagebuch

Annika vs. Pippi, Politik vs. Yoga, Dienst- vs. Leistung

Annika vs. Pippi. Vor ungefähr einem Jahr hatten wir das Thema schon mal: Dass man nicht Annika, sondern Pippi sein solle, nicht Tussi, sondern Bücherwurm, nicht schön, sondern klug, nicht promiskuitiv, sondern schwer zu haben. Diese Haltung hat mein persönliches Verhältnis zu anderen Frauen stark geprägt; ich bin immer noch sehr auf der Hut vor Urteilen. Wie wäre es, wenn wir solche Muster auch endlich einmal hinter uns ließen und einfach die wären und annehmen, die wir sind? Ein Thread.

Eisfüße. Ich verfluche die schicken, aber kalten Fliesen unserer Wohnung sehr und gehe wieder mit Wärmflasche ins Bett. Oder wie Steffi drüben auf Facebook sagte: „Kein Nachtschlaf ohne warme Füße“. Ich möchte das als T-Shirt.

Politik vs. Yoga. Ich versuche während meines Unterrichts oder um den Unterricht herum politische Themen zu meiden. Nicht, weil ich glaube, dass das nicht zum Yoga gehört, sondern weil der Rahmen eher ungünstig ist: Wir haben so wenig Zeit vor und nach einer Klasse, dass ich es nahezu unmöglich finde, den vielen Sichtweisen und damit verbundenen Emotionen den Raum zu geben, den jede*r braucht, um sich wiederzufinden, ohne sich bewertet zu fühlen. Am Mittwoch stand dann aber plötzlich die ganz große Hafenrundfahrt an: Klimaerwärmung, vegetarische Ernährung, Trump, ob man als guter Mensch überhaupt Politik machen kann, die Kollektivschuld der Deutschen, Patriotismus. Das war eine Herausforderung, von der ich viel mitgenommen habe. Schüler sind eindeutig die besten Lehrer.

Wütend und genervt. Es gibt da diesen lokalen Dienstleister, mit dem ich seit 2001 aus Gründen regelmäßig zusammenarbeiten muss und der mich ebenso regelmäßig zur Weißglut treibt. Aktuell hänge ich gemeinsam mit Christian seit Juli in folgender, dem Arbeitsmuster des Dienstleisters entsprechender Schleife:

  1. Wir schildern das Problem und unsere Anforderung.
  2. Er liest nur die Hälfte und beantwortet die Frage dahingehend, dass wir unsere Anforderung ändern müssten (wahlweise: selbst Schuld seien / gar kein Problem, wahlweise keine Ahnung, haben).
  3. Wir bitten explizit darum, Tätigkeiten X, Y und Z auszuführen.
  4. Er erledigt X ganz, Y halb und Z anders als gedacht.
  5. Wir können wieder arbeiten, bis uns ein paar Tage oder Wochen später das Problem wieder auf die Füße fällt.
  6. gehe zu Nr 1. usw.

Gestern standen wir mal wieder am Ende von Nr. 5 und haben einen neuen Zyklus eingeleitet; ich wäre fast geplatzt. Ich habe da ja schließlich einen Job zu erledigen! Seit 2001 mache ich diesen Heckmeck mit, irgendwann reichts mal, blablaundsoweiter, Sie kennen das Lied, und am Ende war ich einfach nur noch müde. Und dann, wenige Stunden später, sitze ich auf meiner Matte, höre auf meinen Atem und lausche Tamara Levitt, die im heutigen Daily Calm über Shared Humanity spricht, über Ungeduld und darüber, wie Wut über andere uns aus unserer Mitte schwemmt, obwohl es nur ein bisschen Mitgefühl braucht, um eine Situation anders zu beurteilen. Ich grinste hart. Ich hab so viel zu lernen.