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23. Mär 2012 (N67)
Nun ist es eine Woche her, dass ich im Wohnzimmer saß, ein Buch in den Händen und den Blick auf den sonnengefluteten Balkon gerichtet, und dachte: Wow. Jetzt sitzt du hier, liest das Ende von diesem ziemlich krassen Buch und guckst dabei deiner Kleinkatz beim Sterben zu.
Tatsächlich lag das vom Krebs zerfressene Häufchen Elend schwer atmend auf den heißen Fliesen, mit struppigem Fell und matten Augen, und hustete ab und zu jämmerlich.
Am Morgen noch hatte mich ein fröhliches kleines Mädchen geweckt und sich – olles Proletenweib – demonstrativ die Krallen geschärft (Vorderläufe am Kratzbaum, Thorax am Boden, Arsch in der Luft), und als ich wenige Stunden später wieder nach Hause kam, knickten ihr auf dem Weg zur Tür einfach so die Hinterläufe weg. Ich habe dann den Mann angerufen, damit er den freien Nachmittag zu Hause verbringt, und mich vom Fakt verhöhnt gefühlt, dass der erste Sonnentag des Jahres wohl gleichzeitig ihr letzter sein sollte. Obwohl ich mir doch so dringend noch einen Sommer für sie gewünscht hatte.
Wir haben dann leise neben ihr gesessen, uns mühsam zusammengerissen und eine Strategie entwickelt, nach der wir ihr Sterben begleiten wollen. Schmerzmittel, Kortison, gutes Futter, viel Liebe und die Zusicherung der Tierärztin, zu uns zu kommen für den Fall, dass. Ob das Morgen ist oder Übermorgen oder den Tag nach Übermorgen oder der Tag danach.
Und siehe da, am nächsten Morgen hatten wir unsere Kleinkatz wieder, viel zu mager, aber wach und voll da, voller Tapferkeit und Lebenswillen. Und auch wenn wir nun gemeinsam mit ihrer Tagesform Karussell fahren, ging es ihr und uns seither nicht mehr so schlecht, wie vor einer Woche.
Heute ist wieder ein Freitag. Draußen scheint die Sonne.