Inhalt
12. Jun 2012 Gemeinsam anders
In Südtirol fragt sich das niemand mehr. Wer hier Schulen besucht, erlebt manche Überraschung. Er begegnet Lehrern, die beim Wort »Sonderpädagoge« zusammenzucken, weil sie es für eine Art Schimpfwort halten; oder Eltern, die sagen, dass es Wichtigeres für ihr behindertes Kind gebe als die optimale Förderung. Vor allem aber trifft er auf Menschen, die eine Haltung eint: Wer will, dass Behinderte Teil der Gesellschaft sind, kann sie nicht bereits in der Schule absondern.
Inklusion: Gemeinsam anders
Etwas aus dem Kontext gerissen, erinnert mich das an eine Erfahrung, die ich schon sehr häufig im Ausland gemacht habe: Überall Menschen in Rollstühlen. Überall Menschen mit starr wirkenden Muskeln. Überall Menschen mit Stöcken, die ihren Blick ins Nichts zu richten scheinen. Überall Menschen mit fremd klingender Artikulation, die ihnen augenscheinlich Mühe macht und Beherrschung abverlangt. Sie stehen neben dir an der Ampel, sitzen am Nachbartisch im Restaurant, bahnen sich ihren Weg an dir vorbei in den nächsten Klamottenladen, kaufen sich ein Eis. Wo sind all diese Menschen hier? Hier in diesem Land, in dem man direkt von der Beschilderung jeder öffentlichen Toilette lernen kann, dass hier dreierlei Menschen leben: Frauen, Männer – und Behinderte?
13:04h
Bodecea sagt:
Als ich viel noch mit meiner dementen Mutti unterwegs war, habe ich mich auch oft gefragt - wo sind all die anderern wirren Alten? Dürfen die, auch wenn körperlich noch fit, nicht "raus"? Die Menschen, die am positivsten auf sie reagierten, waren meist "Menschen mit Migrationshintergrund". Pur-Deutsche reagierten aber eher befremdet, erschreckt.
16:36h
serotonic sagt:
Vielleicht liegt das wirklich daran, dass wir hier einfach wenig Erfahrung mit Behinderungen haben. Wenn man etwas nicht kennt, guckt man halt – und das kann, je nach Gemüt, kindlich-interessiert, erwachsen-argwöhnisch oder unvorbereitet-erschreckt sein.
Ich persönlich bin ja sehr neugierig – und wenn ich einen Menschen bemerke, der irgendwie aus der Norm fällt, dann schaue ich halt genauer hin. Das kann auch eine schräge Frisur sein, oder extrem merkwürdige Kleidung, nicht zwingend eine Behinderung oder Krankheit. Ich möchte dann verstehen, weiß aber gar nicht: Ist das jetzt too much? Fühlt der Mensch sich jetzt angestarrt? Ich will ja nicht, dass sich jemand schlecht fühlt, aber ich möchte doch die Gelegenheit haben, diese Andersartigkeit kennen zu lernen. Ich glaube nicht, dass ich mit dieser Unbeholfenheit alleine bin und bin mir sicher, dass es allen Beteiligten gut tun würde, wenn es zu solchen Unbeholfenheiten gar nicht erst kommen müsste, weil halt ALLES normal ist.
(Und ich meine das auch ernst: Wo sind all die Menschen? Sicher verwahrt vor der Außenwelt, in Pflege- und Altersheimen, Krankenhäusern? Wer hat etwas davon?)
15:26h
Sabienes sagt:
Das ist nicht wahr.
Es gibt nicht Frauen - Männer - Behinderte.
Es gibt Frauen - Männer - Wickeltische.
Wobei Wickeltische eine Unterart der Frauen zu sein scheint!
Interessanter Ansatz!
Ich finde, die Alten und Behinderten werden ziemlich sauber aufgeräumt.
Früher gab es in jedem Dorf einen Dorftrottel, der in der Gemeinschaft irgendwie getragen worden ist.
Heute pendelt jeden Morgen die Einwohnerschaft des Dorfes zum Arbeiten in die nächste Stadt.
Sabienes